Geschichte des Voodoo – Insel der Geister

Der Voodoo-Glaube hat seine Wurzeln in Westafrika ist heute aber vor allem in der Karibik zuhause.

Ein Q History-Beitrag über die Geschichte des Voodoo.Geschichte des Voodoo

Die Ärzte, Anti-Zombie: „Sie essen alle auf.
Sie fressen alle auf.
Und hast Du keine Knarre,
rate ich Dir: „Lauf!“


Fichte, Xango:
„Jeder Haitianer hat in seinem Leben einen Zombie gesehen.
Ich nicht.
Als ich einen Vaudoupriester nach der Existenz von Zombies frage, antwortet er:
– Nein, es gibt keine. Ich war gestern auf dem Markt und wollte welche kaufen. Es waren einfach keine zu haben.“

Der Dichter und Ethnologe Hubert Fichte über seine Zeit auf Haiti.

Die Geschichte des haitianischen Voodoo beginnt in den dampfenden Dschungeln Westafrikas. Seit dem 16. Jahrhundert wurden hier ca. 11 Millionen Afrikaner versklavt und mit Segelschiffen in die ‚Neue Welt‘ transportiert. Die Plantagen der Europäer boten einen idealen Absatzmarkt für die ‚menschliche Ware‘.
Es überquerten aber keine kulturlosen Wilden den Atlantik, sondern Menschen aus unterschiedlichen Stämmen und Völkern mit ihren eigenen Vorstellung von Kultur, Sprache … und Religion. In ihren Augen war die Welt bevölkert von Geistern und Göttern. Ihre Traditionen lehrten sie, durch Musik, Gesang und Tanz mit ihren Ahnen zu sprechen und die Geister mit Opfergaben zu besänftigen. Viele Aspekte des heutigen Voodoo gehen auf diese Traditionen zurück.

Fichte, Xango: „Der Houngan vollführt allerhand Hokuspokus mit der Flasche. Ich soll trinken.
Ist es ein Gift?
Ein Neuroleptikum?
Ein Dysleptikum?
Werde ich krank davon? Langsam verrückt?
Fallen mir die Zähne aus? Die Haare? Die Nägel?
Verwandle ich mich in einen Zombie? Einen Lebenden Leichnam?

Ich habe Angst.“

Als Kolonie war Haiti vor allem für seine Zuckerrohrplantagen berühmt. Hier wurden die Afrikaner von ihren Stammes- und Familienangehörigen getrennt, verkauft und wahllos mit Sklaven anderer Herkunft eingesperrt. Wer aber ein baybylonisches Sprach- und Kulturgewirr erwartet wird enttäusch. Da die meisten Gruppen bereits in Afrika Kontakt gehabt hatten, bildete sich über Jahre eine eigene Kultur unter den Sklaven.
Während geheimer, nächtlicher Treffen hielten sie die Erinnerung an Afrika und die Geister ihrer Vorfahren wach. Dabei rückten die Traditionen der einzelnen Stämme immer enger zusammen und verschmolzen schließlich zu einer Religion. Aber nicht nur das, auch der volksnahe Katholizismus der französischen Oberschicht und die Glaubenswelt der indigenen Bevölkerung beeinflussten den haitianischen Voodoo. So gehen die bekannten Voodoo-Puppen auf europäischen Volksglauben zurück! Auch der Graben zwischen afrikanischer Stammesreligion und europäischem Katholizismus war nicht so tief wie man vermuten könnte. Die zahlreichen Heiligen und Märtyrer besaßen immer noch viele vor-christliche Motive und konnten dadurch leicht in die Glaubenswelt des Voodoo integriert werden. So wird der Schlangengeist Dmballah noch heute als Heiliger St. Patrick veehrt.

Fichte, Xango: „Er ruft die Dreifaltigkeit an, die katholischen Heiligen, die afrikanischen Götter, die Heroen, die Ahnen, die Helden der Befreiungskriege, Generäle, Politiker.“

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Es ist kein Wunder, dass die schwarze Bevölkerung Haitis recht schnell die Französische Revolution für sich entdeckte … und Gleichheit beanspruchte! Der Zündfunke war ein geheimes Treffen, dass im August 1791 im Norden der Insel auf der Lichtung des Bois Caiman – des Waldes der Caimanen – statt fand. Laut Erzählungen soll soll Zamba Boukman, ein mächtiger Voodoo-Priester, folgende Worte gesagt haben.

Heinl, Written in Blood: „Guter Gott, der du die Sonne erschaffen hast, die auf uns scheint, der aus der See gestiegen, der den Sturm entfacht. […] Der Herr sieht was die Weißen gemacht haben. Ihr Gott befahl Verbrechen, unser gebe uns seinen Segen.
Gott verlangt Rache. Er wird unseren Waffen Stärke und unseren Herzen Mut geben.[…] Hört auf die Freiheit, die aus euren Herzen spricht.“

Dieses Rital war der Startschuss für die Haitianische Revolution. Trotz früher Erfolge dauerte es aber noch 13 blutige Jahre, bis der Kampf gegen die Oberschicht, die Sklaverei und die Invasion französischer Truppen endgültig gewonnen war. 1804 war es so weit. Haiti erklärte als erstes Land Lateinamerikas seine Unabhängigkeit. Bis heute ist die Verbindung von Revolution und Voodoo fest verankert im Geschichtsbewusstsein der Haitianer.

Auch in den folgenden Jahrhunderten, in denen das Krisen-geschüttelte Land zwischen Republik und Kaiserreich, Demokratie und Diktatur, Unabhängigkeit und Protektorat schwankte, spielte der Voodoo-Glaube eine wichtige Rolle in Politik und Kultur. Und das obwohl sich nie eine offiziellen Kirche herausbildete.

Eines der dunkelsten Kapitel Haitis ist sicherlich die Herrschaft Duvaliers. Der als ‚Papa Doc‘ bekannte Diktator missbrauchte den Voodoo-Glauben für seine Zwecke. So führte die Tontons Macoutes -Miliz, der auch Voodoo-Priester angehörten, für ihn politische Morde aus und terrorisierte die Bevölkerung. Um die Bürger Haitis durch Angst in Schach zu halten, streuten die Macoutes gezielt das Gerücht, in ihren Reihen würden sich Voodoo-Dämonen und Zombies befinden. Auch um seine eigene Person erschuf ‚Papa Doc‘ mit Hilfe der Voodoo-Symbolik einen dunklen Nimbus, die seine Herrschaft legitimieren sollte.

Mit dutzenden Spielarten in der Karibik, Südamerika und Afrika und Millionen Gläubigen weltweit könnte man Voodoo als Weltreligion bezeichnen. Es wird also Zeit die plumpen Bilder Hollywoods hinter uns zu lassen.

Fichte, Xango: „Dieusifort löscht die Kerze und lockt den Toten […] hervor[, wird von ihm besessen]. Die Familie begrüsst ihn. […]
Der Alte ruft die einzelnen Mitglieder der Familie auf und fragt jeden nach seinem Befinden. Ein Gespräch entsteht.
Es dreht sich um Geld, um Essen, Krankheit, Arbeit, Fussball, Äcker, Scherze, Flüche.“

Fugees, No Woman, No Cry: „For pain of losing family, but while I’m gone Shorty,
Everything’s gonna be alright, everything’s gonna be alright …“

Literatur/Quellen: Hubert Fichte: Xango. Die afroamerikanischen Religionen II. Bahia Haiti Trinidad, Frankfurt a. M. 1976, S. 146, 162, 183. Heinl, Robert Debs, Jr; Heinl, Nancy Gordon; & Heinl, Michael (Rev. & Exp) (1996). Written In Blood: The Story of the Haitian People, 1492–1995 (Revised edition), S. 43. Reuter, Astrid: Voodoo und andere afroamerikanische Religionen, München 2003.

Foto: flickr, by-sa Justin Pickard; by-nc-sa Adam Cohn