Wie bebildert man ein Geschichtsmagazin?

Sendungsplakate zu erstellen ist eine der kreativsten und interessantesten Arbeiten als Webmaster von Q History. Dass die, oft stark vereinfachende, Darstellung eines historischen Themas und der kreative Umgang mit Bildikonen und -klischees aber nicht immer einfach ist, zeigen die folgenden Grafiken und die damit verbundenen Fragen und Probleme.

Games und Geschichte
Sendung 9/2011: Games und Geschichte
  • Die Sendung „Games und Geschichte“ wird nicht nur PC-Spiele sondern auch traditionell-analoge Spiele (z.B. Go oder Schach) behandeln. Lässt sich beides in einem Bild darstellen?
  • Das Aufgreifen digitaler Bildikonen, wie Pac-Man, Pong und Space Invaders ist zwar reizvoll, aber wissen alle Leser diese Insider einzuordnen?
  • Es existiert übrigens ebenfalls eine helle Variante des Plakats.
Wer darf Töten?
Sendung 7/2011: Wer darf töten?
  • Wir haben in der Redaktion lange darüber diskutiert, ob wir die Tötung von Osama bin Laden als Thema aufgreifen und wenn ja in welcher Form. Als Experiment haben wir uns für eine konkret auf das Ereignis bezogene Sendung entschieden. Aber welches Bild nehmen für ein Ereignis, das sich gerade dadurch auszeichnet, dass den Medien für die entscheidenden Momente die Bilder fehlen? Ein altbekanntes 0815-Portrait von Bin Laden abzubilden oder die Titelbilder von BILD & Spiegel zu kopieren, wäre der Sendung nicht gerecht geworden.
  • Durch die Flickr-Suchmaschine Compfight (ohne die ein Großteil der Bebilderung von Q History zeitlich nicht bewältigbar gewesen wäre) bin ich nach langer Suche auf dieses Bild gestoßen.
    Dank der sehr offenen Creative Commons-Lizenz des Künstlers war es mir dann möglich die Aussage des Bildes stark zu verändern. Statt der Aussichtslosigkeit Präsident Obamas, al-Qaida jemals zerstören zu können („1 down 1000 to go“), stand nun das Duell Obama-Osma im Vordergrund. Über den Ausgang des Kampfes wurde nun keine Aussage mehr getroffen.
  • Dieses Beispiel zeigt, welche Chancen aber auch welche Gefahren die Creative Commons-Lizenzen beinhalten. Der Künstler ist nicht davor gefeit, dass seine Werke in einem anderen Kontext eine andere Bedeutung erhalten – im Positiven wie im Negativen.
Wissenschaftsgeschichte
Sendung 8/2011: Wissenschaftsgeschichte
  • Forschungsinstrumente (Lupe), Forschungsmomente (Newtons Apfel) oder Forschungsergebnisse (e=mc²) – es gibt viele Motive der Wissenschaftsgeschichte aber kaum welche, die sowohl Geistes- als auch Naturwissenschaften vereinen. Entweder oder?
  • Der Titel Wissenschaftsgeschichte allein klingt sehr akademisch, ja geradezu trocken. Lässt sich dieser Eindruck durch die Betonung des ‚Abenteuers Forschung‘ im Sendungsplakat verändern?
  • Passt eine Illustration aus einem fantastischen Jules Verne-Roman zur Wissenschaftsgeschichte?
Medizingeschichte bei Q History - Geschichte bei Radio Q
Sendung 6/2011: Medizingeschichte
  • Nehmen die Leser ein Bild aus einer realen Operation an oder ist das Beispiel zu kontrovers, zu real?
  • In wieweit sollte man das Originalfoto aus der Library of Congress (Neben Wikimedia Commons eine wahre Goldgrube für frei zugängliches, historisches Bildmaterial.) beschneiden, in wieweit verliert das Bild so seinen authentifizierenden Charakter?
Musik in der Geschichte
Sendung 5/2011: Musik
  • Es darf auch mal etwas farbig-humoristisch werden.
  • Dieses Bild ist ein schönes Beispiel für einen kompletten Zufallsfund. Bei einem allgemeinen Begriff wie „Musik“ ergibt die Suche mit Unterkategorien (Instrumenten, Musikarten, Epochen …) meist bessere Ergebnisse.
  • Eine abstrakte Darstellung, mit Hilfe von Notensymbolen oder der Originalaufzeichnungen eines Mozart oder Bach-Stückes, wäre auch möglich gewesen, hätte im Gegensatz zum verwendeten Bild aber einen eher klassisch-altbackeneren Charakter gehabt.
Sport in der Geschichte - Q History Geschichte bei Radio Q
Sendung 4/2011: Sport in der Geschichte
  • Sport und Macht sollten zentrale Faktoren der Sendung werden – aber muss es immer das Klischee des von den Nazis bzw. anderen diktatorischen Regimes ‚verführten‘ Leistungssportlers sein?
  • Ein Quellen-Kandidat war auch dieses Foto. Ich entschied mich jedoch gegen die Benutzung, da kaum jemandem die Verbindung der Läufer zu den Olympischen Spielen 1986, gerade wegen fehlender Sportuniformen und Symbole, gelungen wäre. Das Verständnis stand über der Liebe zum einzelnen Foto.
Münster - Geschichte vor der Haustür
Sendung 3/2011: Geschichte vor der Haustür
  • Zwar wäre es möglich gewesen ein romantisch-verrostetes Fahrrad als Titelbild zu wählen – dies hätte aber womöglich diejenigen abgestoßen / verwirrt, die den Drahtesel nicht sofort mit der Stadt Münster in Verbindung gebracht hätten.
  • Fun fact: Das Bild ist im Original bunt. Die schwarzweiß-Variante wirkt in meinen Augen jedoch etwas ‚historisch-‚ und dramatischer.
Wir sind dagegen!
Sendung 2/2011: Wir sind dagegen!
  • Von den Einflüssen der Nordafrikanischen Revolutionen, Stuttgart 21 bis hin zum noch sehr frischen Attentat auf die Senatorin Gabrielle Giffords in den USA – diese Sendung konnte sich nicht über zu wenig starke Unterthemen beklagen. Das alles aber in ein Bild zu fassen, war ungemein schwierig.
  • Den historischen Widerstands-Ikonen & Klischees, wie der Fahnenschwingenden Dame der Französischen Revolution oder den Berliner Mauerspechten, widerstehend, entschied ich mich für die Darstellung des Moments vor dem eigentlichen Ereignis. Das schlussendlich gewählte Foto stellt junge Menschen auf dem Weg zu einer Demonstration dar, die Polizisten sind gerade noch wahrzunehmen aber das Ereignis lässt sich nicht genau geographisch wie zeitlich zuordnen – es könnte heute überall auf der Welt so stattfinden. Tatsächlich scheint das Foto laut seiner Flickr-Beschreibung den Auftakt der G20-Demonstrationen 2010 in Toronto darzustellen.
Untote - Q History Geschichte bei Radio Q
Sendung 1/2011: Untote!
  • Wenn schon eine Sendung wie „Untote!“ wagen, dann auch richtig. Dies galt sowohl für die Radiobeiträge selbst wie auch das Plakat. Es sollte schocken, amüsieren und ein gewisses Stirnrunzeln verursachen. Als medial wohl präsenteste Untotenart sollte der Zombie als Protagonist hinhalten. Um den humoristischen Aspekt zu unterstreichen, eignete sich das gewählte Bild besonders, kann man doch bei genauem Hinsehen im Hintergrund zwei Hobbyfotographen entdecken, die entspannt auf den Zombie zu gehen.
  • Wie bei der Medizin-Sendung so galt es auch hier, nicht zu sehr auf das Schock-Pedal zu treten. Ein Farbfoto mit zu viel Blut hätte sicherlich viele Menschen abgestoßen statt sie für die Radiosendung zu interessieren.

Bildmaterial

Games: flickr, by-nc Scott Ingram
Jules Verne: wikimedia, unbekannt
Bin Laden: flickr, by Khalid Albaih
Operation: flickr, by Library of Congress
Geishas: flickr, by-nc-sa Okinawa Soba
Münster: flickr, by Perrimoon / Xavi
Toronto: flickr, by-nc-nd Carl Heindl
Zombie: flickr, by-nc-sa Rachel Cobcroft